Frühjahrsmüdigkeit: typische und häufige Form der Wetterfühligkeit
Menschen, die unter Frühjahrsmüdigkeit leiden, klagen häufig über Kreislaufbeschwerden, Abgeschlagenheit und Infektanfälligkeit. Die Symptome, die zwischen Februar und April auftreten können, beschreiben eine typische und häufige Form der Wetterfühligkeit.
Im Interview spricht Dr. Jürgen Zapf, Facharzt für Allgemein-, Sport- sowie Ernährungsmedizin, Chirotherapie und Akupunktur aus Bayreuth, über die medizinischen Hintergründe der Frühjahrsmüdigkeit und gibt Tipps für mehr Energie in den ersten Monaten des Jahres. Dr. Jürgen Zapf behandelt in seiner Bayreuther Praxis seit vielen Jahren Menschen, die mit einem gesundheitsbewussten Lebensstil, speziellen Ernährungskonzepten und sportlichen Aktivitäten ihr Wohlbefinden steigern wollen.
Herr Dr. Zapf, welche Abläufe im menschlichen Körper führen zu der weit verbreiteten Frühjahrsmüdigkeit?
„Frühjahrsmüdigkeit beschreibt einen Beschwerdekomplex, dessen Leitsymptome Müdigkeit sowie verminderte körperliche und geistige Leistungsbereitschaft sind – bis hin zu einer leicht depressiven Verstimmung. Diese Symptome treten typischerweise in den Monaten März und April auf: Hier verändern sich die Temperaturen und auch die Tag- und Nachtlängen in kurzer Zeit sehr stark.
Der Körper reagiert darauf, indem er den Hormonhaushalt und den Kreislauf anpasst. Genau diese Prozesse werden von vielen Menschen als anstrengend und ermüdend empfunden.“
Behandeln Sie viele Patienten mit Frühjahrsmüdigkeit?
„Da Frühjahrsmüdigkeit weder eine Krankheit noch eine medizinische Diagnose ist, taucht sie als offizieller Behandlungsgrund in der ärztlichen Praxis nicht auf. Wir beobachten im beginnenden Frühjahr allerdings regelmäßig einen Anstieg solcher Befindlichkeiten.
Vor allem zu einer Zeit, in der wir eigentlich erwarten, dass die Phase der Winterdepressionen vorbei sein sollte. Angeblich sind etwa 30 bis 50 Prozent der Deutschen von Frühjahrsmüdigkeit betroffen, vor allem Personen mit eher niedrigem Blutdruck. Junge Frauen haben häufiger mit der Frühjahrsmüdigkeit zu kämpfen als Männer oder ältere Menschen.“
Was raten Sie Betroffenen?
„Das Grundproblem ist folgendes: Der Mensch passt seinen modernen Lebensstil nicht optimal an die Vorgaben seiner natürlichen Umgebung an. Ideal wäre es, sich tagsüber lange draußen im Hellen aufzuhalten und dabei körperlich aktiv zu sein. Das senkt die Produktion des Schlafhormons Melatonin und bringt Kreislauf und Blutdruck in Gang.
Die Realität sieht aber anders aus. Die hellen Tageszeiten werden überwiegend sitzend oder stehend auf der Arbeit verbracht, statt Sonnenlicht gibt es Kunstlicht – das alles verhindert die rasche Anpassung an den ‚aktiven Sommermodus‘.
Deshalb gilt: so oft wie möglich raus an die frische Luft und in Bewegung kommen, egal ob mit Sport, Wandern, Spazierengehen oder Gartenarbeit.“
Wie kann der Kreislauf in Schwung gebracht werden?
„Gegen die morgendliche Trägheit hilft kaltes Abduschen, auch wenn es zu Beginn vielleicht schwerfällt: Wer sich mit kaltem Wasser Arme, Beine und Oberkörper abbraust, regt den Kreislauf an. Auch morgendliches barfüßiges Tautreten in einer Wiese ist als etwas sanftere Methode geeignet.“
Kaffee, schwarzer Tee, Energydrinks - was hilft wirklich bei Frühjahrsmüdigkeit?
„Das Koffein in Kaffee und Energydrinks sowie das Tein im Tee sind beides Aufputschmittel (Stimulanzien) und somit Wachmacher. In kleinen Mengen am Morgen, als Tasse Kaffee oder Tee genossen, aktivieren sie auf angenehme Weise Aufmerksamkeit und Konzentration.
Wer seine Müdigkeit allerdings den ganzen Tag über mit Kaffee und Energydrinks bekämpft, ohne dem Körper Erholungspausen zu gönnen, betreibt Raubbau an seinen Regenerationskräften und verstärkt den Müdigkeitszustand. Die Folge ist das Bedürfnis, immer häufiger zu Kaffee und Co. zu greifen, um den ‚Absturz‘ zu vermeiden.“
Welches „Power-Food" kurbelt den Stoffwechsel an?
„Alles, was die Natur an frischer, bunter, basisch betonter Küche hergibt: Während die Menschen in früheren Zeiten noch lange bis zu den ersten Ernten warten mussten, haben wir heute die Möglichkeit, uns das ganze Jahr über mit frischen Lebensmitteln zu versorgen.
Powerfood gibt es nicht im Fitness-Studio, sondern zum Beispiel auf dem Wochenmarkt!“
Wann ist Sport sinnvoller, morgens oder abends?
Moderater Sport aktiviert ohne zu erschöpfen. Der Körper kann danach sehr rasch innerhalb von ein bis zwei Stunden vom sympathischen in den parasympathischen Modus, also den Erholungsmodus, umschalten. Deshalb kann moderater Sport sowohl am Morgen als auch am Abend bis 21.00 Uhr betrieben werden. Er stört weder die anschließende Tagesarbeit noch das abendliche Einschlafen.
Hochintensiver Sport sollte hingegen eher untertags stattfinden. Der Körper benötigt danach mehrere Stunden, um in den Erholungsmodus umzuschalten. Findet solcher Sport am Abend statt, kann er das Einschlafen und einen erholsamen Schlaf stören. Nach erschöpfendem Training ist die allgemeine körperliche und mentale Leistungsfähigkeit für längere Zeit beeinträchtigt, so dass auch tagsüber eine längere Ruhepause nach dem Training notwendig ist.
Welche Sportarten sind zu empfehlen?
„Ideal ist natürlich eine Sportart, die tagsüber im Freien ausgeübt wird. Die Sportart selbst ist dabei nicht so wichtig wie die Intensität und die Dauer. Wenn es darum geht, gegen die Frühjahrsmüdigkeit anzutreten, dann stehen beim Sport Freude und Spaß an der Bewegung an erster Stelle und weniger ein rein leistungsbezogener Gedanke.
Die Möglichkeiten reichen von Spielsportarten wie Fußball, Tennis und Beachvolleyball über Wandern, Joggen, Radfahren, Inlineskating bis hin zum Golfen, Klettern und allen anderen Bewegungsformen, die im Freien stattfinden.“
Haben Sie Ernährungstipps für unsere Leser?
„Vermeiden Sie die übermäßige Zufuhr von Getreideprodukten, zucker- und fruchtzuckerreichen Lebensmitteln, roten Fleisch- und Wurstwaren sowie Milchprodukten. Wer sich nun fragt, was er denn dann überhaupt noch essen kann, weiß, dass davon aktuell zu viel auf dem Speiseplan steht.
Spätestens jetzt ist es an der Zeit, sich mit Alternativen zu befassen: zum Beispiel Gemüse, Salate, pflanzliche Eiweiße und hochwertige Fettsäuren aus Nüssen, Samen und Hülsenfrüchten sowie Fisch, Meeresfrüchte und Obst.“
Herr Dr. Zapf, vielen Dank für das Gespräch.
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