Hereditäres Lymphödem: Ein Erfahrungsbericht zu Erkrankung und Therapie mit circaid® juxtafit® und mediven 550

Marianne Heitkamp wurde in der Entstauungsphase unter anderem mit circaid juxtafit versorgt: „Es ist angenehm zu tragen und der Kompressionsdruck ist individuell einstellbar – dieses System ist bis ins Detail durchdacht!“

Lymphödem-Patientin Marianne Heitkamp trägt eine circaid Beinversorgung (Bilder: © Marianne Heitkamp, Fotografin: Janina Benner)

Entstauung und Erhaltung bei hereditärem Lymphödem: Interview mit Patientin Marianne Heitkamp

Nach einem Autounfall im Oktober 1990 traten bei Marianne Heitkamp das erste Mal ihre Lymphödeme auf: anfangs nur an beiden Beinen, später auch an den Armen. Erst später wurde festgestellt, dass sie an einem hereditären (erblichen oder primären) Lymphödem leidet, das erst nach dem Unfall auffiel und diagnostiziert wurde. Seitdem setzt die 64-Jährige auf einen Therapiemix aus manueller Lymphdrainage, viel Bewegung und Kompression. Zur Entstauung trägt sie das medizinische adaptive Kompressionssystem circaid juxtafit und in der Erhaltungsphase den flachgestrickten medizinischen Kompressionsstrumpf mediven 550 (beide von medi). Im Interview erklärt sie mit ihrer Physiotherapeutin Tina Keienburg, weshalb das Zusammenspiel zwischen Patientin und Therapeutin erfolgsentscheidend ist – und weshalb es knapp ein Jahr bis zur Diagnose „Lymphödem“ gedauert hat.

Frau Heitkamp, Sie haben ein primäres Lymphödem – wann wurde die Diagnose zum ersten Mal gestellt?

„Das war im August 1991, fast ein Jahr nach meinem Autounfall: Ein älterer Herr ist damals mit seinem Fahrzeug auf mein stehendes Auto aufgefahren und beim Herausschleudern bin ich mit meinem rechten Fuß an der Fahrertür hängen geblieben. Dabei wurden unter anderem die Lymphbahnen stark beschädigt. Im linken Bein waren leichte Schwellungen erkennbar. Meine Lymphgefäße sind ohnehin schwächer als es bei gesunden Menschen der Fall ist, da ich erblich vorbelastet bin. Meine Mutter und Tante hatten früher auch immer stark angeschwollene Beine, aber die Erkrankung als solche wurde bei beiden nie diagnostiziert. Diese angeborene Schwäche meines Lymphgefäßsystems, das primäre Lymphödem, kam bei mir aber erst durch den Unfall zum Vorschein. Außerdem habe ich ein sekundäres Lymphödem am rechten Bein, da hier die Lymphbahnen verletzt wurden. Nachdem meine Wunden abgeheilt waren, konnte die Lymphflüssigkeit hier nicht mehr in ausreichendem Maße abtransportiert werden.“  

Weshalb hat es fast ein Jahr bis zu Ihrer Diagnose „hereditäres Lymphödem“ gedauert?

„Damals gab es nur vereinzelt Spezialisten und Hausärzte kannten sich zu wenig mit der Erkrankung aus. Ich wurde von mehreren Ärzten untersucht, aber keiner konnte eine konkrete Diagnose stellen – die Ratschläge reichten von Gewicht verlieren über Zinkleimverbände bis hin zu Lasix-Tabletten, um die Wasserausscheidung zu fördern. Geholfen hat davon mittelfristig nichts. Durch Zufall hat mich eine Bekannte auf meine geschwollenen Beine angesprochen – auch sie hatte ein Lymphödem und gute Erfahrungen mit der Behandlung in der Földiklinik gemacht, einer Fachklinik für Lymphologie. Daraufhin habe ich meine Hausärztin gebeten, mich dorthin zu überweisen. In einer umfassenden klinischen Untersuchung hat Frau Dr. Földi festgestellt, dass ich an einem angeborenen primären Lymphödem leide – bestätigt wurde die Diagnose erneut im St. Elisabeth Hospital in Bochum.“

Wie sah die Behandlung in der Klinik aus?

„Bei meinem ersten vierwöchigen Aufenthalt wurden meine Unterschenkel täglich morgens und abends mit manueller Lymphdrainage behandelt und anschließend mit Wickelverbänden bandagiert. Dazu viel Sport in der Kompression und ich erhielt Reduktionskost – die Maßnahmen schlugen an! Meine Beinumfänge reduzierten sich und ich nahm ab. Anfangs dachte ich: ,Prima! Das mache ich jetzt vier Wochen und dann ist mein Lymphödem wieder verschwunden.‘ Mir war noch nicht klar, dass ich eine chronische Krankheit habe, die mich mein Leben lang begleitet.“

Wie wird Ihr hereditäres Lymphödem seitdem therapiert? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

„Ich war jedes Jahr zur stationären Entstauung in der Klinik, anfangs in der Földiklinik, später bei Dr. Schingale in der Lympho Opt Klinik. Bei meinem zweiten Aufenthalt hatte sich das Lymphödem bereits von meinen Unterschenkeln in die Oberschenkel ausgedehnt und ein Jahr später waren auch meine beiden Arme betroffen. Seitdem war ich 27-mal zur stationären Entstauung und viermal ambulant aufgrund der Corona-Pandemie. Nach den Behandlungen bin ich fast immer schmerzfrei und beweglicher. Allerdings ist es in der übrigen Zeit an mir selbst, aktiv Einfluss auf meine Erkrankung zu nehmen und den Alltag selbstbestimmt zu gestalten. Das setzt ein hohes Maß an Eigeninitiative und Wissen über die Erkrankung voraus. Außerdem ist ein gutes Netzwerk an Therapeuten und Ärzten wichtig.“

War es schwer, fachkundige Betreuung zu bekommen?

„Als ich vor knapp 32 Jahren die Diagnose bekam, war die Erkrankung bei uns in Nordrhein-Westfalen noch weniger bekannt als im Rest von Deutschland. Auch meine damalige Hausärztin wusste nur wenig darüber. Ich hatte das große Glück, dass mich Dr. Schingale während meiner Klinikaufenthalte ausführlich aufgeklärt hat und meiner behandelnden Hausärztin darüber hinaus immer mit Rat zur Seite stand. Es hat lange gedauert, bis ich eine Physiotherapeutin fand, die dementsprechend ausgebildet war – heute bin ich in Rheine bei Tina Keienburg in Behandlung und höchst zufrieden.“

Was ist Ihnen bei der Auswahl einer geeigneten Physiotherapiepraxis über das Fachliche hinaus wichtig?

„Die Chemie muss stimmen! Schließlich geht man zweimal pro Woche zur Lymphdrainage und muss sich vor einer fremden Person ausziehen. Das ist am Anfang eine Überwindung, gerade wenn man mit seiner Figur nicht rundum zufrieden ist. Außerdem ist es wichtig, dass sich der Therapeut Zeit nimmt, Fragen zu beantworten, aber auch erkennt, wenn beispielsweise die Lymphknoten im Hals-Kopf-Bereich geschwollen sind – und diese gesondert behandelt.“

Liebe Frau Keienburg, Sie sind seit 2019 die behandelnde Physiotherapeutin von Marianne Heitkamp – was sind Ihrer Erfahrung nach die zentralen Therapiebausteine bei Lymphödem-Patienten?

„Die wichtigsten Komponenten für Betroffene sind die eigene Motivation, Willensstärke und das Bewusstsein für die Erkrankung. Ohne Disziplin und Mitarbeit hilft die beste Therapie und effektivste medizinische Kompression nichts. Wir als Physiotherapeuten haben über die reine manuelle Lymphdrainage hinaus eine beratende Funktion. Wir klären auf, geben Tipps zu Hautpflege oder Verhaltensweisen im Alltag und unterstützen die Patienten im sozial-emotionalen Bereich, wenn sie beispielsweise einen schlechten Tag haben. Unsere Arbeit ist umfassender als man meint.“

Liebe Frau Heitkamp, wie viel Zeit nimmt Ihre Therapie im Alltag in Anspruch?

„Zweimal pro Woche gehe ich zur manuellen Lymphdrainage für je 75 Minuten und genauso oft absolviere ich mit anderen Patienten ein Kraft-Ausdauer-Training für je eine Stunde. Zusätzlich gehe ich täglich mindestens 40 Minuten Walken oder mache lange Spaziergänge und Yoga, fahre regelmäßig Fahrrad und arbeite viel im Garten oder Haushalt – immer mit medizinischer Kompressionsversorgung. Seit über 30 Jahren trage ich flachgestrickte medizinische Kompressionsstrümpfe. Ohne meine Kompressionsversorgung mediven 550 für Arme und Beine von medi wäre ich längst nicht mehr so leistungsfähig.“

Was gefällt Ihnen an mediven 550 besonders?

„Das Gestrick ist fest und stabil, aber dabei angenehm zu tragen. Besonders gut finde ich auch die individuellen Zusätze wie die Hallux-Entlastungszone oder die eingearbeiteten Funktionszonen für noch mehr Tragekomfort. Hier ist eine gute Beratung durch die Fachkraft im Sanitätshaus Gold wert! Und auch die Kristall-Motive gefallen mir persönlich sehr gut. Es ist wichtig, sich in der Kompression wohl und attraktiv zu fühlen.“

Seit letztem Jahr verwenden Sie für die Entstauungstherapie das medizinische adaptive Kompressionssystem circaid juxtafit an Armen und Beinen – was war Ihr erster Eindruck?

„Ich war ehrlicherweise etwas skeptisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass der Druck so punktuell ausgeübt wird, wie nötig. Aber meine Physiotherapeutin Tina Keienburg und ich sind eines Besseren belehrt worden! circaid ist zeitsparender als herkömmliche Wickelbandagierungen und rutscht nicht während des Tages. Meiner Therapeutin fällt es durch ihre Erfahrung natürlich leichter, circaid bei mir anzulegen. Essenziell ist hier aber eine gute Einweisung durch eine Fachkraft im Sanitätshaus – danach erfordert das Anlegen nur etwas Übung und Geschick.“

Bilder: © Marianne Heitkamp, Fotografin: Janina Benner
 

Liebe Frau Keienburg, können Sie das für die Entstauungsphase bei Frau Heitkamp bestätigen?

„Ja, auf jeden Fall! Das Wickeln kann für Therapeuten wie Patienten eine Belastung sein. Um beide Beine zu wickeln, haben wir bei Marianne Heitkamp mindestens eine Stunde benötigt plus zusätzlich die Arme. Nicht zu vergessen: Die Patientin muss die Bandagen jeden Abend abnehmen und mühselig wieder aufrollen. Nach zwei Wochen waren wir mit allen circaid Teilen an Armen und Beinen bei 20 Minuten. Das Ergebnis war beeindruckend: Frau Heitkamp hat innerhalb von 14 Tagen knapp vier Kilo Gewicht verloren und die Umfänge haben sich um bis zu 2 cm reduziert. Es ist ein insgesamt sehr gut durchdachtes System und die optimale Alternative in der Entstauungstherapie.“

Gab es weitere positive Effekte, Frau Heitkamp?

„circaid ist unglaublich leicht und angenehm zu tragen – ich kann es unter der normalen Kleidung anlegen und es fällt nicht auf. Ich bin wesentlich beweglicher, als wenn ich Wickelbandagierung trage, und kann damit mühelos Sport machen. Nichts verrutscht oder schnürt ein. Das wirkt sich auch positiv auf meine Psyche aus. Und mit der einzigartigen Druckmesskarte kann ich direkt überprüfen, ob der Kompressionsdruck passt – und gegebenenfalls die Bänder nachjustieren. An einem Abend hatte ich glatt vergessen, circaid abzunehmen und es erst bemerkt, als ich ins Bett gehen wollte.“

Sie sind seit 2008 die 1. Vorsitzende der Lymphselbsthilfe Nord-Münsterland – wie sehr hilft der Austausch Betroffenen?

„Es ist anfangs sehr schwierig, mit der Diagnose umzugehen – man hat das Gefühl von allen angestarrt zu werden aufgrund seines Aussehens. Sich in einer geschützten Umgebung mit anderen Betroffenen auszutauschen und sich mit der Erkrankung auseinanderzusetzen, hilft sehr! Dazu geben wir Informationen, betreiben Aufklärung und vermitteln Kontakte. Gemeinsame Aktionen wie Lymphyoga oder Workshops zum Thema Sport, Ernährung und medizinische Kompression stärken zudem das Selbstbewusstsein und vermitteln ein Zugehörigkeitsgefühl. Niemand ist mit seiner Erkrankung allein. Wir lassen uns von Rückschlägen nicht entmutigen, sondern genießen gestärkt und mit steigendem Selbstbewusstsein unser Leben!“

medi Tipp: Schauen Sie sich auch nach örtlichen Selbsthilfegruppen und auf Social Media (z.B. Facebook oder Instagram) nach Gruppen oder Blogs anderer Patient:innen um.

Liebe Frau Heitkamp, liebe Frau Keienburg, herzlichen Dank für Ihre offenen Worte und den Austausch zu diesem wichtigen Thema!

 

Hinweise:

Zweckbestimmungen:

circaid® Beinversorgungen: 
Die Kompressionsversorgung dient bei Patienten mit Venen- und Lympherkrankungen zur Kompression des Beins.

circaid® Fußoptionen: 
Die Kompressionsversorgung dient bei Patienten mit Venen- und Lympherkrankungen zur Kompression des Fußes und des Knöchels.

circaid® juxtafit® essentials Arm:
Die Kompressionsversorgung dient bei Patienten mit Venen- und Lympherkrankungen zur Kompression des Arms.  

circaid® juxtafit® essentials Handteil:
Die Kompressionsversorgung dient bei Patienten mit Venen­ und Lympherkrankungen zur Kompression der Hand.

mediven® 550 Bein:
Flachgestrickte medizinische Kompressionsversorgung zur Kompression der unteren Extremitäten, hauptsächlich bei der Behandlung von Erkrankungen des Lymphgefäßsystems.

mediven® 550 Arm:
Flachgestrickte medizinische Kompressionsversorgung zur Kompression der oberen Extremitäten, hauptsächlich bei der Behandlung von Erkrankungen des Lymphgefäßsystems.