Medizinisch-wissenschaftliche Informationen zur Gonarthrose

Gonarthrose-Patient:innen profitieren von Kniegelenksentlastungsorthesen

Medizinisch-wissenschaftliche Informationen zur Gonarthrose

Entlastungsorthesen führen bei Gonarthrose-Patient:innen zu einer signifikanten Schmerzreduktion

Bei der Gonarthrose handelt es sich um eine degenerative Erkrankung des Kniegelenkes, die durch eine progressive Zerstörung des Gelenkknorpels charakterisiert ist und mit Schmerzen sowie funktionellen Einschränkungen einhergeht. Die globale Prävalenz der Gonarthrose bei Menschen über 40 Jahren wird mit 22,9 % angegeben, was einer Fallzahl von über 650 Millionen Betroffenen entspricht.1 In Deutschland liegt die Gonarthrose-Prävalenz (≥ 60 Jahre) bei 12,1 %.2

Zur Behandlung der Gonarthrose stehen konservative und operative Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, wobei erst bei erfolgloser konservativer Therapie über mindestens drei Monate ein operatives Vorgehen diskutiert werden sollte.3 In der S2k-Leitlinie Gonarthrose von 2017 wird der Einsatz von Entlastungsorthesen am Kniegelenk (unloader braces, zum Beispiel M.4s OA comfort) bei varischen Degenerationen als effektive konservative Therapieoption thematisiert (siehe Reiter „Leitlinien“).4

Reduziertes Adduktionsmoment und signifikante Schmerzreduktion

Im Rahmen eines systematischen Reviews konnte gezeigt werden, dass umfangreiche wissenschaftliche Evidenz für die Reduktion des Knieadduktionsmoments und des Schmerzgeschehens durch den Einsatz von valgisierenden Orthesen bei medialer Gonarthrose vorliegt.5  Auch auf die Kniegelenksfunktion und den Aktivitätsgrad haben Knieorthesen einen positiven Einfluss, wie Müller-Rath et al. unter Anwendung der M.4s OA nachweisen konnten (siehe Reiter „Klinische Studien“).6

Zusätzlich stellen Entlastungsorthesen im Hinblick auf eine valgisierende hohe tibiale Osteotomie (HTO) ein sehr gutes prädiktives Instrument dar: So kann bereits präoperativ geprüft werden, ob eine HTO bei Grenzindikationen postoperativ den zu erwartenden Nutzen hinsichtlich der Schmerzintensität zeigt. Dies wurde von Minzlaff et al. im sogenannten „Brace-Test“ mit der Knieorthese M.4s OA untersucht (siehe Reiter „Klinische Studien“).7

Leitlinien

S2k-Leitlinie „Gonarthrose“: Leitliniengerechte Therapie mit Orthesen4

„Die Gonarthrose kann konservativ effektiv durch Einlagen, Schuhzurichtungen am Konfektionsschuh und Orthesen therapiert werden. Diese haben keinen Nachweis im Hinblick auf eine Minderung der Erkrankungsprogredienz, allerdings gibt es Evidenznachweise für Schmerzreduktionen und auch funktionelle Verbesserungen.”

Als Evidenz für die Wirksamkeit von Entlastungsorthesen/unloader braces bei Gonarthrose-Patient:innen wird u. a. die klinische, randomisierte kontrollierte Studie von Müller-Rath et al. (2011) aufgeführt, im Rahmen derer die M.4s OA von medi eingesetzt wurde (siehe auch Reiter "Klinische Studien").6

Die komplette S2k-Leitlinie "Gonarthrose" (2017) können Sie unter www.awmf.org herunterladen. 

Evidence-Based Clinical Practice Guideline: Management of Osteoarthritis of the Knee

Neben der deutschsprachigen S2k-Leitlinie Gonarthrose spricht sich auch die American Academy of Orthopaedic Surgeons in ihrer evidenzbasierten Gonarthrose-Leitlinie von 2021 für die Anwendung von Orthesen zur Behandlung der Gonarthrose aus.8

„Brace treatment could be used to improve function, pain and quality of life in patients with knee osteoarthritis.“ (Strength of Recommendation: Moderate ****)

Klinische Studien

M.4s OA* – Studie bestätigt Schmerzreduktion und funktionelle Verbesserung bei Varus-Gonarthrose6

Die Ergebnisse einer klinischen und ganganalytischen Untersuchung von Müller-Rath et al. haben Eingang in die S2k-Leitlinie „Gonarthrose (2017)“ erhalten: In dieser prospektiven, randomisierten kontrollierten Studie wurde untersucht, welche Effekte das Tragen der Kniegelenksentlastungsorthese M.4s OA im Vergleich mit einer Kniebandage und einer Kontrollgruppe bei Patient:innen mit symptomatischer Varusgonarthrose hat (siehe auch Reiter „Scientific Summaries“).

M.4s OA* – die Orthese als Prädiktor für eine erfolgreiche hohe tibiale Umstellungsosteotomie⁷

Bei Varusgonarthrose gilt die valgisierende hohe tibiale Umstellungsosteotomie (HTO) als eine Standardbehandlung. Damit werden gute bis exzellente Ergebnisse bei Patient:innen mit klarer OP-Indikation erzielt. Diese ist aber nicht immer zwingend gegeben. Folglich stellt sich im Falle von Grenzindikationen daher sowohl dem Arzt / der Ärztin als auch den Patient:innen präoperativ die Frage, ob eine Umstellungsosteotomie postoperativ die gewünschte Schmerzlinderung zur Folge hat.

Mit dem sog. „Brace-Test“ entwickelten Minzlaff et al. in einer prospektiven, klinischen Studie einen prädiktiven Ansatz, der es ermöglicht, präoperativ Informationen darüber zu liefern, inwiefern eine valgisierende HTO bei der jeweiligen Indikation der Patient:innen einen positiven Effekt zeigt.

Verzögerung oder Vermeidung operativer Eingriffe durch den Einsatz von Entlastungsorthesen⁹

Lee et al. konnten in einer klinischen Studie zeigen, dass die Anwendung einer Entlastungsorthese bei Patient:innen mit unikompartimenteller Gonarthrose im Endstadium eine operative Intervention hinauszögern oder sogar vermeiden kann. Bereits nach einer Tragedauer von sechs Monaten konnte die Zahl der Operationen um die Hälfte reduziert werden. Patient:innen, die die Entlastungsorthese über zwei Jahre getragen hatten, benötigten auch nach acht Jahren Follow-Up keine Operation.
Auch der kurzfristige Einsatz einer Entlastungsorthese kann bereits zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen.
Die Veröffentlichung der Studie können Sie sich hier herunterladen. Eine Zusammenfassung finden Sie unter dem Reiter „Scientific Summaries“.

Scientific Summaries

Scientific Summary – Aktuelles aus der Wissenschaft zur Indikation Varus-Gonarthrose

Die Scientific Summaries geben Ihnen übersichtlich, kurz und kompakt einen Überblick zu

  • den aktuellen Ergebnissen aus klinischen Studien,
  • zu Leitlinienempfehlungen oder
  • sonstigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Laden Sie sich die Zusammenfassungen hier herunter:

Nicht nur im kontrollierten Umfeld klinischer Studien konnte der Nutzen von Kniegelenksorthesen nachgewiesen werden: Auch Patient:innen bestätigen ein positives subjektives Empfinden bei der Anwendung von orthopädischen Hilfsmitteln wie Bandagen und Orthesen im Alltag. 

Lesen Sie mehr zu der repräsentativen Patient:innenumfrage unter dem Reiter "Patient:innenumfrage".

Patient:innenumfrage Allensbach

Patient:innenumfrage bestätigt: Positive Wirkung und hohe Akzeptanz medizinischer Hilfsmittel¹⁰

Zum dritten Mal nach 2014 und 2019 wurde das Institut für Demoskopie Allensbach von der Herstellervereinigung eurocom beauftragt, eine  Befragung zur Nutzung von medizinischen Hilfsmitteln (Bandagen/ Orthesen, medizinische Kompressionsstrümpfe und Einlagen) durchzuführen. Mit Blick auf die Rolle von Bandagen und Orthesen in der Therapie muskuloskelettaler Erkrankungen bestätigen die Umfrageergebnisse 2023 die vorhergehenden Resultate nicht nur, es konnten sogar weitere Steigerungen, etwa in Bezug auf die Weiterempfehlungsrate, Schmerzreduktion oder Lebensqualität gezeigt werden. Die aktuellen Umfragewerte untermauern, dass sich der Bedarf, die Akzeptanz und die Nutzung medizinischer Hilfsmittel in der Bevölkerung auf einem sehr hohen Niveau befinden. Besonders dem Einsatz von Bandagen und Orthesen am Kniegelenk kommt hier eine große Bedeutung zu. 42 Prozent der Patient:innen gaben an, dass sie eine Kniebandage beziehungsweise -orthese tragen.

Alle Ergebnisse der Befragung können Sie unter https://www.eurocom-info.de/studien/patientenumfrage-ifd-allensbach/ herunterladen.

Quellen und Hinweise anzeigen

Quellen

1 Cui A et al. Global, regional prevalence, incidence and risk factors of knee osteoarthritis in population-based studies. EClinicalMedicine. 2020;29-30:100587.

2 Postler A et al. Prevalence and treatment of hip and knee osteoarthritis in people aged 60 years or older in Germany: an analysis based on health insurance claims data. Clin Interv Aging. 2018;13:2339-2349.

3 Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie. S2k-Leitlinie Indikation Knieendoprothese. Stand: 13.03.2023. Online veröffentlicht unter: register.awmf.org/de/leitlinien/detail/187-004 (Letzter Zugriff: 07.03.2024)

4 Stove et al. S2k-Leitlinie Gonarthrose. Stand: 18.12.2017. Online veröffentlicht unter: register.awmf.org/de/leitlinien/detail/187-050 (Letzter Zugriff: 07.03.2024)

5 Petersen W et al. Biomechanical effect of unloader braces for medial osteoarthritis of the knee: a systematic review (CRD 42015026136). Arch Orthop Trauma Surg. 2016;136(5):649-56.

6 Müller-Rath R et al. Clinical and Gait Analytical Investigation of Valgus Knee Bracing in Therapy for Medial Degenerative Joint Disease of the Knee. Z Orthop Unfall 2011;149(2):160-165.

7 Minzlaff P et al. Valgus bracing in symptomatic varus malalignment for testing the expectable “unloading effect” following valgus high tibial osteotomy. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2015;23(7):1964-1970.

8 American Academy of Orthopaedic Surgeons. Management of Osteoarthritis of the Knee (Non-Arthroplasty). Evidence-Based Clinical Practice Guideline. Published 08/31/2021. Online veröffentlicht unter: www.aaos.org/globalassets/quality-and-practice-resources/osteoarthritis-of-the-knee/oak3cpg.pdf (Letzter Zugriff: 09.02.2024)

9 Lee PY et al. Unloading knee brace is a cost-effective method to bridge and delay surgery in unicompartmental knee arthritis. BMJ Open Sport Exerc Med. 2017;2(1):e000195.

10 eurocom e. V.: Medizinische Hilfsmittel: Wirkungsvolle und etablierte Therapie für mehr Lebensqualität im Alltag. Repräsentative Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag von eurocom e. V. Umfrageergebnisse 2023. Online veröffentlicht unter: www.eurocom-info.de/studien/patientenumfrage-ifd-allensbach/ (Letzter Zugriff: 07.03.2024)

Zweckbestimmung

* Rahmenorthese zur Entlastung und Stabilisierung des Kniegelenks.